Finanzrisiken
Für diese Risikokategorie ist die Eintrittswahrscheinlichkeit mit mittel (Vorjahr: hoch) und das potenzielle Schadenausmaß mit mittel (Vorjahr: mittel) bewertet.
Die größten Risiken aus dem RQP resultieren im Wesentlichen aus einer Beeinträchtigung der Finanzierungsmöglichkeiten.
Strategien der Risikoabsicherung im Finanzbereich sowie sich daraus ergebene Risiken aus Finanzinstrumenten
Im Rahmen unserer Geschäftstätigkeit können durch Veränderungen von Zinssätzen, Währungskursen, Rohstoffpreisen oder Aktien- und Fondpreisen Finanzrisiken entstehen – auch durch nicht vorhersehbare Ereignisse wie plötzlich auftretende oder sich verschärfende geopolitische Spannungen und Konflikte. Wir überwachen diese Finanz- und Liquiditätsrisiken fortlaufend und reduzieren sie durch den Einsatz originärer und derivativer Finanzinstrumente. Hieraus ergeben sich Kontrahentenrisiken, welche wir durch unser Kontrahentenrisikomanagement begrenzen.
Das Zinsänderungsrisiko umfasst potenzielle Verluste aufgrund der Veränderung von Marktzinsen. Es entsteht durch inkongruente Zinsbindungen der Aktiv- und Passivpositionen eines Portfolios beziehungsweise der Bilanzposten. Durch den Abschluss von Zinsswaps, kombinierten Zins-Währungs-Swaps sowie sonstigen Zinskontrakten sichern wir Zinsrisiken – gegebenenfalls in Verbindung mit Währungsrisiken – und Risiken aus Wertschwankungen von Finanzinstrumenten grundsätzlich betrags- und fristenkongruent ab. Variable Zinspositionen bestehen jedoch über die in 2024 durchgeführte Begebung einer variabel verzinsten Anleihe im Konzernbereich Automobile ohne Einsatz eines Derivates zur Ausschaltung des Zinsrisikos. Der Grundsatz der Betrags- und Fristenkongruenz gilt für Finanzierungen innerhalb des Volkswagen Konzerns im Konzernbereich Automobile. Im Konzernbereich Finanzdienstleistungen erfolgt die Steuerung der Zinsänderungsrisiken auf Basis von Limiten mittels Zinsderivaten im Rahmen der festgelegten Risikostrategie.
Währungsrisiken reduzieren wir insbesondere durch das Natural Hedging, das heißt, indem wir die Belegung der Produktionskapazitäten an unseren weltweiten Standorten anpassen, neue Produktionsstätten in den wichtigsten Währungsregionen aufbauen und auch einen Großteil der Bauteile vor Ort beschaffen. Das verbleibende Wechselkursrisiko sichern wir durch den Einsatz von Financial-Hedge-Instrumenten ab. Das sind im Wesentlichen Devisentermingeschäfte und Devisenoptionen. Mit ihnen begrenzen wir das Wechselkursrisiko erwarteter Zahlungsströme aus der operativen Geschäftstätigkeit, aus konzerninternen Finanzierungen sowie aus Liquiditätspositionen, die von der jeweiligen funktionalen Währung, zum Beispiel aufgrund von Kapitalverkehrsbeschränkungen, abweichen. Die Devisentermingeschäfte und Devisenoptionen können eine Laufzeit von bis zu zehn Jahren haben. Wir sichern damit unsere wesentlichen Fremdwährungsrisiken ab, hauptsächlich gegenüber dem Euro und vor allem in den Währungen australischer Dollar, brasilianischer Real, britisches Pfund, chinesischer Renminbi, Hongkong-Dollar, indische Rupie, japanischer Yen, kanadischer Dollar, mexikanischer Peso, norwegische Krone, polnischer Zloty, schwedische Krone, Schweizer Franken, Singapur-Dollar, südafrikanischer Rand, südkoreanischer Won, Taiwan-Dollar, tschechische Krone, ungarischer Forint und US-Dollar.
Risiken bei der Rohstoffsicherung bestehen im Hinblick auf die Rohstoffverfügbarkeit und die Preisentwicklung. Mögliche Risiken aus der Rohstoff- und Energiepreisentwicklung analysieren wir fortlaufend, um bei etwaigen Veränderungen im Markt umgehend reagieren zu können. Diese Risiken begrenzen wir insbesondere durch den Abschluss von Termingeschäften und Swaps. Einen Teil unseres Bedarfs an Rohstoffen, wie Aluminium, Blei und Kupfer, haben wir durch entsprechende Kontrakte über einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren abgesichert. Daneben wurden auch Preissicherungen für Kobalt und Lithium mit maximalen Laufzeiten von weniger als drei Jahren abgeschlossen. Im Fall von Nickel beträgt der strategische Sicherungshorizont bis zu zehn Jahre, wobei der Fokus der bestehenden Sicherungen sich insbesondere auf die näheren sechs Jahre erstreckt. Ebenso wurden Lieferumfänge für Strom und Gas durch entsprechende Vereinbarungen preislich abgesichert.
Die Edelmetalle Platin, Palladium und Rhodium sind mit kürzeren Sicherungslaufzeiten versehen, in der Regel bis maximal drei Jahre. Dies kann für ausgewählte Rohstoffe auch physische Bestandserhöhungen beinhalten. Zudem wurden Geschäfte für Emissionszertifikate abgeschlossen, um einen Teil der über die freien Zuteilungen hinaus verursachten CO2-Emissionen im Rahmen des European Union Emissions Trading System (EU ETS) über die kommenden Jahre preislich zu sichern.
Aus Spezialfonds, in denen wir Überschussliquidität anlegen, resultieren insbesondere Aktien- und Fondpreisrisiken. Diese Risiken reduzieren wir durch eine diversifizierte Anlage der Mittel sowie durch in den jeweiligen Anlagerichtlinien festgeschriebene Wertuntergrenzen. Zudem werden bei entsprechender Marktlage Kurssicherungen durchgeführt.
Aus der Anlage überschüssiger Liquidität und dem Abschluss von Derivaten ergeben sich Kontrahentenrisiken. Ein Teil- oder Totalausfall eines Kontrahenten, etwa im Hinblick auf die Rückzahlungspflicht für Zinsen und Kapital, würde die Ergebnisrechnung und die Liquidität des Volkswagen Konzerns negativ beeinflussen. Diesem Risiko begegnen wir durch unser Kontrahentenrisikomanagement, welches wir im Abschnitt „Grundsätze und Ziele des Finanzmanagements“ innerhalb der „Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage“ näher erläutern. Bei den zu Sicherungszwecken gehaltenen Finanzinstrumenten ergeben sich neben den Kontrahentenrisiken auch bilanzielle Risiken, die wir durch die Anwendung von Hedge Accounting begrenzen.
Selbst wenn einzelne Kontrahenten ausfallen sollten, wirken wir mit der Diversifizierung bei der Auswahl der Geschäftspartner darauf hin, dass die Auswirkungen eines Ausfalls begrenzt werden und der Volkswagen Konzern jederzeit zahlungsfähig bleibt.
Zudem können Finanzinstrumente, die im Rahmen der Strategien zur Risikoabsicherung verwendet werden, zu Verlusten in dem Sinne führen, dass die abgeschlossenen Sicherungskurse schlechter notieren als die zum Fälligkeitszeitpunkt des Finanzinstruments am Markt erzielbaren Kurse.
Unsere Sicherungspolitik, die Sicherungsrichtlinien, die Ausfall- und Liquiditätsrisiken sowie die Quantifizierung der genannten Sicherungsgeschäfte, Risiken, die im Zusammenhang mit Forderungen aus Lieferungen und Leistungen entstehen, sowie Risiken aus Finanzdienstleistungen werden im Konzernanhang erläutert. Außerdem stellen wir dort die Marktpreisrisiken im Sinn von IFRS 7 dar.
Liquiditätsrisiken
Volkswagen ist darauf angewiesen, seinen Finanzierungsbedarf angemessen zu decken. Ein mögliches Liquiditätsrisiko besteht darin, nicht in der Lage zu sein, den vorhandenen Kapitalbedarf über die Aufnahme von Finanzmitteln sicherzustellen oder sich zu angemessenen Konditionen zu finanzieren, was wiederum erhebliche negative Auswirkungen auf die Geschäfts-, Ertrags-, Finanz- und Vermögenslage von Volkswagen haben kann.
Der Konzernbereich Automobile und der Konzernbereich Finanzdienstleistungen refinanzieren sich grundsätzlich unabhängig voneinander, unterliegen jedoch weitestgehend vergleichbaren Refinanzierungsrisiken. Im Konzernbereich Automobile wird im Wesentlichen aus einbehaltenen, nicht ausgeschütteten Erträgen, der Inanspruchnahme von Kreditlinien sowie durch die Begebungen von Finanzierungsinstrumenten an den Geld- und Kapitalmärkten die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens abgesichert. Der Kapitalbedarf für das Finanzdienstleistungsgeschäft wird überwiegend durch Fremdkapitalaufnahmen an den nationalen und internationalen Finanzmärkten unter anderem im Rahmen von Forderungsverbriefungen und der Begebung von unbesicherten Anleihen sowie durch Kundeneinlagen aus dem Direktbankgeschäft gedeckt.
Für Investitionsfinanzierungen nutzt Volkswagen unter anderem Darlehen, die von nationalen Entwicklungsbanken wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) oder der Banco Nacional de Desenvolvimento Econômico e Social (BNDES) oder von supranationalen Förderbanken zur Verfügung gestellt werden.
Neben bestätigten Kreditlinien ergänzen auch unbestätigte Kreditlinien von Geschäftsbanken die breit diversifizierte Refinanzierungsstruktur.
Die Finanzierungsmöglichkeiten können durch eine Verschlechterung der finanziellen und allgemeinen Marktbedingungen – auch als Folge plötzlich auftretender oder sich verschärfender geopolitischer Spannungen und Konflikte –, eine Verschlechterung des Kreditprofils und des Ausblicks sowie eine Herabstufung oder Rücknahme des Ratings beeinträchtigt werden. Auch die zunehmende Relevanz von ESG-Ratings auf Investorenseite ist in diesem Zusammenhang von wachsender Bedeutung. In diesen Fällen besteht das Risiko, dass die Nachfrage der Kapitalmarktteilnehmenden nach von Volkswagen ausgegebenen Wertpapieren sinkt, was sich zusätzlich nachteilig auf die zu zahlenden Zinssätze auswirken und zu einem eingeschränkten Kapitalmarktzugang führen kann.
Risiken und Chancen im Finanzdienstleistungsgeschäft
Im Rahmen unserer Finanzdienstleistungsaktivitäten sind wir – neben der Abhängigkeit vom Fahrzeuggeschäft des Konzerns – im Wesentlichen Kreditrisiken sowie Restwertrisiken ausgesetzt.
Das Kreditrisiko beschreibt die Gefahr, dass finanzielle Verluste durch die Nicht-Bedienung von Forderungen im Kundengeschäft entstehen. Ursache hierfür ist der Ausfall des Kredit- beziehungsweise des Leasingnehmers. Der Ausfall ist durch die Zahlungsunfähigkeit beziehungsweise Zahlungsunwilligkeit des Kredit- beziehungsweise Leasingnehmers bedingt, das heißt, der Vertragspartner leistet die vereinbarten Zins- und Tilgungszahlungen nicht termingerecht oder nicht in voller Höhe.
Ziel eines konsequenten Monitorings der Kreditrisiken ist es, die mögliche Zahlungsunfähigkeit eines Kredit- beziehungsweise Leasingnehmers frühzeitig zu erkennen, den Sachverhalt in der Wertberichtigungsbildung angemessen zu berücksichtigen und – wenn möglich – einem Ausfall entgegenzuwirken. Führt beispielsweise ein wirtschaftlicher Abschwung zu erhöhten Zahlungsunfähigkeiten sowie -unwilligkeiten seitens der Kredit- oder Leasingnehmer, entstehen erhöhter Wertberichtigungsbedarf und Abschreibungsaufwand.
Wesentliche Grundlage für Kreditentscheidungen ist die Bonitätsprüfung von Kreditnehmern. Dabei werden Rating-/Scoring-Verfahren eingesetzt, die eine objektive Entscheidungsgrundlage für die Kredit- und Leasingvergabe durch die Fachbereiche liefern.
Eine Chance aus Kreditrisiken kann sich ergeben, sofern die eingetretenen Verluste aus dem Kredit- und Leasinggeschäft geringer ausfallen als die zuvor erwarteten Verluste und die auf dieser Grundlage entsprechend gebildete Risikovorsorge. Insbesondere in Ländern, in denen aufgrund einer unsicheren wirtschaftlichen Situation ein erhöhter Risikovorsorgebedarf festgestellt wurde, kann sich bei einer Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage und damit einhergehend einer Verbesserung der Bonität der Kreditnehmer die Chance ergeben, dass die realisierten unter den erwarteten Verlusten liegen.
Die Steuerung und Überwachung der Kreditrisiken erfolgt auf Basis definierter Leitplanken und Prozesse. Alle Kredite werden hinsichtlich wirtschaftlicher Verhältnisse der Kredit- oder Leasingnehmer, vertraglicher Verpflichtungen, externer oder interner Auflagen, die im Kreditgewährungsprozess definiert sind, vorhandener Sicherheiten und der Einhaltung gegebenenfalls gewährter Limite überwacht. Dafür werden Engagements – entsprechend ihrem Risikogehalt – in einer geeigneten Betreuungsform (Normal-, Intensiv- oder Problemkreditbetreuung) geführt. Ferner erfolgt die Steuerung des Kreditrisikos über Kreditgenehmigungs- beziehungsweise Berichtslimits sowie definierte Kreditkompetenzen, welche für jede Filiale beziehungsweise Tochtergesellschaft individuell festgesetzt werden.
Ein Restwertrisiko entsteht dadurch, dass der prognostizierte Marktwert bei Verwertung des Leasing- oder Finanzierungsgegenstands zum Vertragsende geringer sein kann als der bei Vertragsabschluss kalkulierte Restwert, beziehungsweise der Verkaufserlös geringer ist als der Buchwert des Fahrzeugs im Fall einer vorzeitigen Vertragsbeendigung aufgrund von gesetzlichen Vertragsbeendigungsoptionen. Demgegenüber besteht die Chance, durch die Verwertung mehr als den kalkulierten Restwert beziehungsweise Buchwert zu erhalten.
Bezogen auf den Träger der Restwertrisiken wird zwischen direkten und indirekten Restwertrisiken unterschieden. Von einem direkten Restwertrisiko wird gesprochen, wenn das Restwertrisiko durch unsere Finanzdienstleistungsgesellschaften direkt getragen wird. Ein indirektes Restwertrisiko liegt vor, wenn das Restwertrisiko aufgrund von vertraglichen Regelungen auf einen Dritten (zum Beispiel einen Händler) übergegangen ist. In diesen Fällen besteht hinsichtlich des Restwertträgers ein Adressenausfallrisiko. Fällt der Restwertträger aus, wirkt sich das indirekte Restwertrisiko bei unserer Finanzdienstleistungsgesellschaft aus und wird zu einem direkten Restwertrisiko. Unsere Finanzdienstleistungsgesellschaft übernimmt dann die Vermarktung der Fahrzeuge selbst.
Das Management der Restwertrisiken basiert auf einem festgelegten Regelkreis, der eine vollständige Risikobeurteilung, -überwachung, -steuerung und -kommunikation sicherstellen soll. Neben einem professionellen Restwertrisikomanagement gewährleistet diese Art der Prozessgestaltung auch, dass der Umgang mit Restwertrisiken systematisch verbessert und weiterentwickelt wird.
Für die direkten Restwertrisiken werden im Rahmen der Risikosteuerung regelmäßig die Angemessenheit der Risikovorsorge sowie das Restwertrisikopotenzial überprüft. Bei der Überprüfung der Angemessenheit wird im Rahmen der Erstellung des Berichtswesens die Höhe der vorhandenen direkten Restwertrisiken im Vergleich zur Höhe der gebildeten Risikovorsorge betrachtet. Aus dem sich ergebenden Restwertrisikopotenzial werden im Rahmen eines aktiven Risikomanagements verschiedene Maßnahmen zur Begrenzung des Restwertrisikos ergriffen. Hinsichtlich des Neugeschäfts müssen dabei aktuelle Marktgegebenheiten und zukünftige Einflussfaktoren in der Restwertempfehlung berücksichtigt werden.
Weitere Informationen zu Risiken im Finanzdienstleistungsgeschäft finden Sie in den Geschäftsberichten 2024 der Volkswagen Financial Services AG und der Volkswagen Bank GmbH sowie der Volkswagen Financial Services Overseas AG.