Geschäftsbericht 2024

Konzernlagebericht

Produktion

Unser internationales Produktionsnetzwerk umfasst eine Vielzahl an Prozessschritten vom Lieferanten zur Fabrik, zur Montagelinie und weiter zum Handel sowie Kundinnen und Kunden. Die dauerhafte Effizienz dieses Netzwerks ist entscheidend für unsere Wettbewerbsfähigkeit. Um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein, setzen wir auf umfassende Optimierungen, zukunftsweisende Innovationen, stabile Lieferketten und flexible Strukturen. Im Geschäftsjahr 2024 produzierte der Volkswagen Konzern weltweit 9,0 Mio. Fahrzeuge inklusive der chinesischen Joint Ventures. Dies entspricht einem Rückgang von 3,8 % im Vergleich zum Vorjahr. Die Produktivität blieb inklusive der chinesischen Joint Ventures im Vergleich zum Vorjahr unverändert. Ohne die chinesischen Joint Ventures produzierte der Volkswagen Konzern weltweit 6,2 Mio. Fahrzeuge, was einem Rückgang von 0,4 % gegenüber dem Vorjahr entspricht. Die Produktivität blieb bei einem Rückgang von 0,8 % auf dem Niveau des Vorjahres.

Im Jahr 2024 haben Naturereignisse zu Produktionseinschränkungen im Volkswagen Konzern geführt. Insbesondere Hochwasser sowie Überschwemmungen in Mittel- und Osteuropa haben Lieferketten vorübergehend unterbrochen. Durch kurzfristiges Eingreifen aller beteiligten Bereiche konnte die Produktion aufrecht erhalten werden.

Produktionsstrategie

Wir schärfen den Fokus bei der Transformation unserer Produktion und Logistik und verfolgen dabei die Zielsetzung, die Produktion nachhaltig zu gestalten, den Aufwand zu minimieren, die Prozesse zu verschlanken und das Team zu stärken.

Übergreifendes Ziel ist es, die Produktivität und die Profitabilität zu steigern. Das ermöglicht uns, Produkte mit hoher Qualität und hohem Kundennutzen zu wettbewerbsfähigen Kosten in unseren Standorten zu fertigen. Durch die markenübergreifende inhaltliche Ausrichtung unserer Aktivitäten wollen wir die Kräfte und Potenziale unserer weltweiten Fertigung und Logistik bündeln und somit Synergien erschließen.

Unser Strategieprozess basiert auf einer Szenarienmethodik. Damit einhergehend wird die strategische Ausrichtung der Produktion revolvierend auf Aktualität überprüft und so der inhaltliche Rahmen für die Fokus-Themen des jeweiligen Jahres gebildet. Sie reichen von Themen rund um den Menschen, beispielsweise in Form von Kompetenzprognosen, über effiziente und resiliente Prozesse, die Absicherung des Erreichens von Kostenzielen bis hin zu Digitalisierung und Umwelt sowie dem Produktions- und Logistiknetzwerk.

Globales Produktionsnetzwerk

Das Produktionsnetzwerk des Konzerns erstreckt sich über 115 Produktionsstandorte einschließlich unserer chinesischen Joint Ventures. 70 Standorte davon sind fahrzeugproduzierende Werke. Eine Standardisierung der Produktion mit einheitlichen Produktkonzepten, Anlagen, Betriebsmitteln und Fertigungsprozessen innerhalb einer Produktfamilie ist ein wesentlicher Faktor unserer zukunftsorientierten Fertigung. Wir entwickeln unsere Produktionskonzepte stetig weiter, richten sie auf neue Technologien aus und wollen dabei ambitionierte Ziele in den einzelnen Projekten realisieren. Dem Volkswagen Konzern ist 2024 in einem herausfordernden Umfeld der Anlauf von 82 Fahrzeugprojekten gelungen, davon waren 22 neue Produkte beziehungsweise Produktnachfolger sowie 60 Produktaufwertungen oder Derivate.

Die flexiblen Produktionskapazitäten auf Basis unserer Plattformen bieten die Möglichkeit, auf sich verändernde Marktanforderungen zu reagieren, das Produktionsnetzwerk bedarfsorientiert auszulasten sowie markenübergreifend Synergien durch Mehrmarkenstandorte zu realisieren. Von den fahrzeugbauenden Produktionsstandorten für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge sind bereits fast die Hälfte Mehrmarkenstandorte. Musterbeispiele im Konzern sind hierfür die Standorte Bratislava und Zwickau. In Bratislava werden Fahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw, Škoda, Audi und Porsche auf gemeinsamen Plattformen des Modularen Längsbaukastens (MLB) und des MQB gefertigt. In Zwickau fertigen wir derzeit Fahrzeuge der Marken Volkswagen Pkw, Audi und CUPRA auf gemeinsamen Plattformen des MEB.

FAHRZEUGPRODUKTIONSSTANDORTE DES VOLKSWAGEN KONZERNS

Anteil an der Gesamtproduktion 2024 in Prozent

Fahrzeugproduktionsstandorte (Grafik)

Bei der Transformation des Volkswagen Konzerns stehen innovative, effiziente, nachhaltige und kundenorientierte sowie auf profitables Wachstum fokussierte Mobilitätslösungen im Vordergrund. Eine Grundlage hierfür war die Einführung des MEB und später für die Premium- und Sportmarken die rein elektrische PPE, um markenübergreifende Synergien in der Fertigung zu heben. Damit wurden zum Jahresende 2024 im weltweiten Produktionsnetzwerk für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge an 18 Standorten Elektrofahrzeuge produziert.

Neue Technologien und Digitalisierung

Im Rahmen des Konzern-TOP-10-Programms, das die strategische Basis für neue Technologien und die Digitalisierung in der Produktion für das Geschäftsjahr 2024 bildete, wurde der Fokus auf Geschwindigkeit und Mehrwert von IT-Produkten sowie auf den Einsatz von künstlicher Intelligenz gelegt. Die digitale Transformation ist prägend für die zukünftige Weiterentwicklung unserer Prozesslandschaft. Der damit einhergehende Umbau beinhaltet die Umstellung auf eine wertstrom- und produktorientierte Softwareentwicklung innerhalb des Konzerns. Insgesamt stehen bereits mehr als 100 neue Applikationen für den Einsatz in den Produktions- und Logistikprozessen zur Verfügung. Beispiele erstrecken sich von virtuellen Trainings für neue Fahrzeuganläufe, Identifizierung und Umsetzung von Energieeinsparpotenzialen bis zum Einsatz von künstlicher Intelligenz. Die Applikationen werden über die gemeinsam mit dem strategischen Partner Amazon Web Services (AWS) entwickelte Digitale Produktionsplattform (DPP) in mittlerweile über 40 Werken ausgerollt.

Im Volkswagen Konzern ist es unser Ziel, digitale und innovative Technologien systematisch zu validieren und deren Einsatz für die Produktion und Logistik zu pilotieren und auszurollen. Dadurch sollen sich Kostenpotenziale in der Wertschöpfungskette sowie flexiblere Umsetzungsmöglichkeiten und Qualitätsverbesserungen realisieren lassen. Die digitale Transformation in der Produktion und Logistik hat das Ziel, die gesamte Prozesskette zu vereinfachen, neue Technologien bestmöglich einzusetzen und autonome Abläufe zu etablieren. Im Jahr 2024 hat Volkswagen unter anderem den Ausbau des Projekts ONE Log, einem Logistiksystem auf Basis SAP S/4 HANA, weitergeführt. Mit ONE Log möchte die Marke Volkswagen Pkw gemeinsam mit anderen Marken wie Audi und Škoda sowie Volkswagen Group Components weltweit die Zukunft der digitalen Logistik gestalten. Ziel ist die einheitliche Informationsverarbeitung und Standardisierung der logistischen Prozesse, wodurch Optimierungen skalierbar und innovative Technologien zentral getrieben werden sollen. Das Projekt umfasst die verschiedenen Prozesse wie Disposition, Versand und Materialwirtschaft vom Wareneingang bis an die Produktionslinie. Die gezielte Digitalisierungsoffensive soll die Robustheit unserer Werke steigern.

Der Fokus der Innovationsarbeit lag 2024 auf der künstlichen Intelligenz, zum Beispiel für Bildverarbeitung (Computer Vision), für Anwendungen in der Robotik sowie im Bereich „Generative Künstliche Intelligenz“. Volkswagen hat im Jahr 2024 priorisierte Anwendungsfelder erschlossen und nutzt erste markenübergreifende Anwendungen, um das Wissensmanagement in den Bereichen Planung und Instandhaltung effizienter zu gestalten. Weitere Anwendungen befinden sich im Bereich des Änderungs- und Anforderungsmanagements. Der Einsatz von Generativer Künstlicher Intelligenz hat das Ziel, Effizienzen im Zusammenhang mit der Informationsverarbeitung und -generierung in der Produktion zu heben.

Zero Impact Factory

In der strategischen Vision „Zero Impact Factory“ entwickeln wir Ideen für eine nachhaltigere Produktion. Die Vision dahinter ist eine Fabrik mit möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt. Dafür wurden zwei eigenständige Methoden entwickelt: Die Site Checklist analysiert qualitative Aspekte eines Standorts in 11 Handlungsfeldern, während die Impact-Points-Methode die absoluten Umweltauswirkungen eines Standorts quantitativ bewertet. Diese Methoden ermöglichen uns das Erfassen und Reduzieren der quantitativen Umweltauswirkungen unserer Produktionsstandorte insbesondere in den Handlungsfeldern Klimaschutz und Energie, Emissionen, Wasser sowie Abfall. Zusätzlich im Fokus stehen auch qualitative Aspekte wie das Erscheinungsbild unserer Fabriken, unser Engagement für die Biodiversität, der Schutz von Böden, ein funktionierendes Umwelt-Compliance-Management, die Verbesserung unserer Ressourceneffizienz sowie ein umweltfreundliches Mobilitätsmanagement für Mitarbeiter- und Gütertransport.

Die Impact-Points-Methode als Kennzahl der „Zero Impact Factory“ soll ab 2025 das bisherige Kennzahlensystem der Umwelt Entlastung Produktion (UEP) ablösen. Dadurch erfolgt ein Wechsel von fahrzeugspezifischen Kennzahlen hin zu einer Reduzierung der absoluten Umweltauswirkungen unserer Produktion.

In einem IT-gestützten System erfassen und katalogisieren wir Maßnahmen, die wir für einen konzernweiten Best-Practice-Austausch zur Verfügung stellen. Im Berichtsjahr wurden rund 1.700 umgesetzte Maßnahmen im Bereich Umwelt und Energie nachverfolgt und dokumentiert. Sie dienen der Verbesserung der Infrastruktur und der Produktionsprozesse von Pkw und leichten Nutzfahrzeugen und können einen positiven Einfluss auf die Umweltindikatoren des Konzerns haben sowie in ökonomischer Hinsicht sinnvoll sein.

Zero Impact Logistics

Die vom Volkswagen Konzern ergriffenen Maßnahmen für eine zukünftig bilanziell CO2-neutrale Logistik umfassen beispielsweise die fortlaufende Verlagerung von Transporten von der Straße auf die Schiene und die nahezu vollständige CO2-Vermeidung durch den Einsatz von Ökostrom aus erneuerbaren Energiequellen auf den elektrifizierten Strecken im Schienenverkehr in Deutschland und weiteren europäischen Ländern in Zusammenarbeit mit Eisenbahnverkehrsunternehmen. Dies ist ein wichtiger Beitrag, um die Treibhausgas-Emissionen in der Wertschöpfungskette zu reduzieren. Voraussetzung hierfür ist jedoch unter anderem eine ausreichend zur Verfügung stehende Kapazität in der Infrastruktur des Schienennetzes, vor allem in Deutschland.

Die Vorbereitungen für den Einsatz von rein batterieelektrisch angetriebenen Lkw und biogenen Kraftstoffen im Lkw-Netzwerk stehen ebenfalls im Fokus. Auch den Transport von Hochvoltbatterien für Elektrofahrzeuge gestaltet der Volkswagen Konzern, beispielsweise am Komponentenstandort Braunschweig, umweltbewusst und effizient. Dort werden die Batterien vollautomatisch auf die Züge geladen und anschließend unter Einsatz von Strom aus erneuerbaren Energien in das Werk Zwickau befördert.

Für den Fahrzeugtransport über den Nordatlantik nutzt die Konzernlogistik dreizehn Roll-on-Roll-off-Charterschiffe, davon werden zwei mit schadstoffarmem Flüssigerdgas (LNG) betrieben. Bis Ende des Jahres 2024 wurden auf dieser Route schrittweise vier weitere mit LNG angetriebene Autofrachter in Betrieb genommen und dadurch sechs konventionell betriebene Schiffe abgelöst. Im Vergleich zu anderen mit LNG betriebenen Schiffsmotoren sind die Charterschiffe der Konzernlogistik klimaschonender, da durch die Hochdrucktechnologie der Zwei-Takt-Motoren von MAN Energy Solutions nahezu kein Methan entweichen kann. Grundsätzlich ermöglichen die Dual-Fuel-Motoren zudem den zukünftigen Einsatz von nichtfossilen Treibstoffen wie Biogas (Bio-LNG), E-Gas (synthetisches Gas) auf Basis von erneuerbaren Energien oder Biofuel. Dadurch ließen sich die CO2-Emissionen noch weiter reduzieren.

Auf europäischen Seerouten betreibt die Konzernlogistik seit 2021 dauerhaft zwei Charterschiffe mit Bio-Treibstoff, der gegenüber herkömmlichen fossilen Treibstoffen weniger CO2 verursacht. Den Rohstoff dafür bilden alte Speiseöle und Fette. Dabei handelt es sich um Abfälle und Reststoffe, beispielsweise aus Gastronomie und Lebensmittelindustrie, die nicht für die Weiterverarbeitung zu Nahrungs- oder Futtermitteln genutzt werden können.

Liquefied Natural Gas (LNG)
Verflüssigtes Erdgas wird benötigt, um Erdgasmotoren für die Langstrecken von Lastkraftwagen und Bussen nutzen zu können, da nur so die erforderliche Energiedichte erzielt wird.
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Modularer E-Antriebs-Baukasten (MEB)
Baukastensystem für die Herstellung von Elektroautos. Der MEB legt die Parameter für Achsen, Antriebe, Hochvolt-Batterien, Radstände und Gewichtsverhältnisse fest, damit ein Fahrzeug optimal die Anforderungen der Elektromobilität erfüllt. Im Jahr 2020 startete die Produktion der ersten Fahrzeuge auf Basis des MEB in Serie.
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Modularer Querbaukasten (MQB)
Ausweitung der Modulstrategie auf die Fahrzeugarchitektur für Fahrzeuge mit Anordnung des Motors in Fahrzeugquerrichtung. Durch die modulare Betrachtung werden hohe Synergien zwischen den Fahrzeugen der Marken Volkswagen Pkw, Volkswagen Nutzfahrzeuge, Audi, SEAT und Škoda erzielt.
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Premium Plattform Elektrik (PPE)
Neue Fahrzeugplattform für elektrisch angetriebene Fahrzeuge der Premium-, Sport- und Luxusklasse. Die Komponenten und Funktionen dieser Plattform sind speziell auf die hohen Anforderungen in diesem Segment zugeschnitten. Mit dieser Plattform werden hohe Synergien insbesondere zwischen den Marken Audi, Porsche und Bentley erzielt.
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